• Hintergrund: Mafiasysteme in Italien – DIE ‘NDRANGHETA (Kalabrien)

    Die ‘Ndrangheta ist eine mafiöse Organisation mit Ursprung in der Region Kalabrien im Süden Italiens. „’Ndrangheta“ ist ein griechisches Wort, das so viel wie „Heldenmut“ und „Tugend“ bedeutet. Ihre Mitglieder sind Anhänger der Vendetta, die ihren Terror im Aspromonte verbreiten, einer Region im äußersten Süden des italienischen Festlandes. Die Organisation ist für ihre zahlreichen Entführungen bekannt, bei denen die Opfer in Grotten oder in Ställen in den Bergen gefangen gehalten werden. Zwar hat die ‘Ndrangheta wie alle mafiösen Gruppierungen eine sehr klare Hierarchie, aber im Gegensatz zu den größeren Organisationen ist sie nicht pyramidal strukturiert, sondern setzt sich aus mehreren kleinen Gruppen zusammen. Die Aufnahme in das oft familiäre Innere eines Clans erfolgt meistens über einen illegalen Akt wie zum Beispiel Mord.

    Tätigkeitsbereiche

    Die kalabrische Mafia arbeitet auf andere Art und Weise als die Cosa Nostra. Während Letztere sich über die große Anzahl (internationaler und illegaler) Handelsaktivitäten definiert, konzentriert sich die ‘Ndrangheta in erster Linie auf die eigene Region und dort auf Finanzgeschäfte – was sie allerdings nicht davon abhält, international Netzwerke zu weben, insbesondere in Sachen Rauschgifthandel mit der Türkei, Kolumbien, Mexiko und sogar China, um den Import von Narkotika vom Goldenen Dreieck aus zu erleichtern. Seit 1970 importiert die ‘Ndrangheta zudem Rauschgift aus Marokko. 1994 hat die Polizei 11 Tonnen kolumbianisches Kokain von ihr beschlagnahmt.

    Die ‘Ndrangheta übt Druck auf alle Unternehmen der kalabresischen Region aus, um sie an der Bereicherung zu hindern und gleichzeitig die eigene Macht zu erhalten. Die Clans besteuern die Unternehmer bis in den Konkurs hinein. Schutzgelderpressung, zweifelhafte Finanztransaktionen und Geldwäsche bilden die Essenz ihrer Geschäfte. Und auch sie operiert im Bereich europäischer Subventionen, indem sie Fördergelder für die Landwirtschaft entwendet.

    Organisation

    Man zählt momentan 50 – auch „Ndrini“ genannte – Clans, zu denen insgesamt mehr als 6.000 Männer gehören. Jede Gruppe nominiert pro Dorf einen Chef der Familie. Gesprochen wird bei den Treffen der ‘Ndrangheta in einem kalabrischen Dialekt; die Zusammenkünfte folgen einem genauen Ritual mit Anspielungen auf Loyalität und Gewaltverherrlichungen. Es ist davon auszugehen, dass die kalabrische Mafia zurzeit die grausamste und gewaltbereiteste Organisation in Europa ist.

    Die kalabrische Organisation arbeitet zudem sehr diskret. Um Mitglied zu werden, muss man in eine Familie geboren worden sein, die der ‘Ndrangheta bereits angehört. Die Kinder der Mafiosi werden schon kurz nach der Geburt einem Ritual unterzogen, bei dem ihnen ein Schlüssel und ein Dolch zur Seite gelegt wird. Berührt der Säugling zuerst das Messer, wird er zum Mafioso gemacht; berührt es aber vorher den Schlüssel, bestimmt das die Zukunft des Kindes als Beamter oder korrumpierbarer Politiker. In der Regel liegt deshalb der Dolch näher am Kind.

    Übersicht Mafiasysteme in Italien

    Text © 2009 Prokino. Foto by Charly W. Karl licensed under CC BY-ND 2.0

    Diskussion

    1. […] Bei der ’Ndrangheta handelt es sich um Familienverbände, die mit Eheschließungen teilweise miteinander verbunden sind. Die Stärke der ’Ndrangheta ist die feste innere Solidarität der Familien. Erst in den 80er und 90er Jahren, nach den „Mafiakriegen“, wurde eine neue Struktur geschaffen: Die so genannte „Provinzialkommission“ versteht sich als Versammlung gleichberechtigter Chefs. Nach Angaben der italienischen Strafverfolgungsbehörden soll es in Kalabrien rund 220 Clans mit rund 8.000 Mitgliedern geben. Der Einflussbereich der ’Ndrangheta erstreckt sich in Italien auf Kalabrien, Nord- und Mittelitalien sowie Apulien. Nach Einschätzung der Ermittler gilt die ’Ndrangheta derzeit als die gefährlichste und einflussreichste Mafiaorganisation, insbesondere auf dem Gebiet des international organisierten Rauschgifthandels.Hintergrundinfos zur ‚Ndrangheta […]

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