• Schräge Typen

    Es war im Jahre 1989. Ich war zum 2. Mal zu Besuch mit meinem Freund Aldo bei seiner Familie in Südsizilien (Licata).

    Wir hatten beschlossen, am nächsten Tag eine Rundfahrt zu machen – wir, das waren Aldo, seine beiden Brüder Angelo und Pino und ich. Wegen der schon morgens sehr kräftigen Sonne trugen wir Sonnenbrillen und witzigerweise jeder sein Handy am Gürtel der Hose, gut sichtbar.

    Schon kurz nach der Abfahrt in Licata beschlossen wir in Cannicatti eine kurze Pause für einen Cafè und ein Brioche einzulegen. So betraten wir also zu viert mit unseren Sonnenbrillen auf der Nase und den Handys am Gürtel die kleine Bar an der Hauptstraße.

    Schon bei unserem Eintreten betrachtete uns die etwas ältliche Dame hinter der Theke mit einem mir unbekannten und merkwürdigen Argwohn. Wir bestellten unseren Cafè nebst einer Kleinigkeit zu essen und setzten uns dann vor der Bar an einen kleinen Tisch.

    Anschließend suchten wir alle nacheinander noch die Toilette auf und sammelten uns vor der Bar für die Weiterfahrt. Ich war als letzter an der Reihe und war wiederum verwundert, dass die Dame, nachdem ich die Toilette verlassen hatte, ihrerseits in der Herren-Toilette verschwand und auch sofort wieder herauskam. Als ich nach draussen trat, hielt ein gepflegter Mercedes-Kombi vor der Tür. Heraus stieg ein ebenso gepflegter Herr mit Sonnenbrille, Krawatte, langärmeligem Hemd und trotz der frühen Hitze mit langen Hosen bekleidet. Er verschwand in der Bar, kam nach ca. 10 Sekunden wieder heraus, setzte sich wieder in den Wagen und brauste davon.

    Ich war schon sehr verwundert und fragte die anderen, was ich denn von dieser Szene zu halten hätte. Pino antwortete mir umgehend: der gut gekleidete Herr war der “Padrone” der Bar – ups…

    Die Dame hinter der Theke hatte ihn gerufen, da sie vermutete, dass mit uns “schrägen Typen” etwas nicht stimmen konnte. Und die Toilette hatte sie vermutlich kontrolliert, um sicher zu gehen, dass wir keine Bombe dort platziert haben.

    Das hätte ich nicht erwartet. Man hatte ja schon vorher immer Sizilien mit der Mafia verbunden. Aber so direkt damit konfrontiert zu werden, war schon eine nachhaltige Erfahrung für mich.

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