• Mein Lieblingsplatz bei meinem Freund Carmelo auf Sizilien

    Sein Name war Carmelo. Typisch für einen Sizilianer im tiefsten Süden Italiens. Carmelo sah aber überhaupt nicht aus, wie ein Sizilianer, denn er war gut zwei Meter groß und stark wie ein Bär und sprach perfekt meine Sprache, die er in den vielen Jahren von seiner Gretel gelernt hatte. Carmelo war Chefkoch, und was für einer! Und er war Besitzer einer wunderschönen Pension oberhalb von Taormina auf Sizilien, an der Straße zu dem Bergdorf, dem Nest, ihr wisst schon wo… oben in Castelmola.

    Ich traf Carmelo vor etwa 15 Jahren zum ersten Mal, als ich mit meinem Auto vor seinem Hotel zufällig anhielt, denn von dort hat man den besten Blick auf den Etna und die Bucht von Naxos. Der Etna leuchtete mit seiner weißen Schneekuppe in der Abendsonne und ich entschloss mich zu bleiben, bei Carmelo natürlich. Diesen Entschluss habe ich bis heute nicht bereut.

    Carmelo war ein Mann mit einem Herzen, so groß wie der ganze Kerl. Er empfing mich als fremden Gast, wie einen Freund, als würden wir uns seit Jahren kennen. Freunde wurden wir dann, aber das war einige Jahre später.

    Bei meinem ersten Besuch servierte er mir als Mittagstisch – eine Speisekarte gab es nicht, wie es sich für gute Restaurants in Sizilien geziemt – Spaghetti neri, ich glaube er wollte mich damit überraschen oder auch schocken, denn viele Touristen kennen diese leckere Pasta mit der Tinte des Sepias nicht. Dazu gab es einen Wein, der traumhaft war. Erst viel später erfuhr ich, dass der Wein von Carmelo selbst angebaut und ausgebaut wurde. Sein Wein wächst an den schönsten Hängen des Etna, hinter Randazzo auf schwarzer Lava.

    mit_carmelo_auf_dem_lande1Seit dieser ersten Begegnung fahre ich jedes Jahr zu Carmelo in sein kleines Hotel mit der besten Lage in Taormina. Einmal, es war im Januar, die Hotelgäste waren schon alle abgereist, lud er mich ein, mit auf seinen Landsitz zu kommen. Wir fuhren durch schöne Etnadörfer und es hatte frisch geschneit, bis herunter auf etwa 600 Höhenmeter. Ein für mich seltener Anblick, die sizilianischen Weinberge schneebedeckt zu sehen. Und was das für Weinberge waren! Carmelo zeigte sie mir mit Stolz und erzählte vom Ausbau seiner Weine und vom Anlegen weiterer Weingärten auf dem fruchtbaren Lavaboden in einer Landschaft die traumhaft ist.

    Ein Jahr später fuhren wir mit Carmelo nicht zu seinen Weinbergen sondern in seinen Olivenhain, denn Carmelo hatte nicht nur Rebstöcke angepflanzt sondern ebenso schöne Olivenhaine, die ein fettes grünes Öl liefern, das ich nicht mehr missen möchte. Dann kam seine Überraschung, die er mir zeigen wollte: Sein Landhaus! Ein altes halb verfallenes Bauerngehöft, wunderschön gelegen, mitten im Olivenhain an den Hängen des Etna. Er träumte vom Ausbau dieses Hauses und vom Altersruhesitz, denn Carmelo war zwischenzeitlich schon Mitte 50 geworden.

    Er wollte sich langsam verabschieden von der Hotelarbeit und nur noch auf dem Land leben, auf dem Land hinter dem Etna mit der guten Luft und der Ruhe, zusammen mit seiner Gretel, die er vor vielen Jahren heiratete und nach der auch sein Hotel benannt ist – die Villa Greta.

    Als ich wieder ein Jahr später zu Carmelo kam, ging es Carmelo gar nicht gut. Diesmal musste ich ihn selbst auf seinen Landsitz fahren – seine Beine wollten nicht mehr – und wir alle, Carmelo, Gretel, Marion und ich saßen vor seinem Traumhaus das immer noch nicht fertig für den Ruhestand war. Er meinte, es sei ja noch Zeit, er sei erst 60 Jahre.

    Wieder in der Heimat angekommen, erreichte uns die Nachricht, Carmelo sei gestorben, es war in der Sylvesternacht 2002. Unfassbar, dass ein so großes Herz so früh stirbt. Er hatte noch so viele Pläne und Träume.

    Ich habe einen Freund verloren der Carmelo hieß und dessen Traum von einem Traumhaus an den Hängen des Etna sich leider nicht mehr erfüllte. Im nächsten Jahr werde ich Carmelo an meinem Lieblingsplatz in Taormina wieder besuchen, wie jedes Jahr. Sein Grab liegt an den Etnahängen nicht allzu weit von seinen Weinbergen und Olivenbäumen, die er so sehr liebte.

    Info:
    www.villagreta.it
    www.vulcan-stromboli.de

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