Jährlich am 15. August erlebt Italien einen der Höhepunkte des Jahres: Ferragosto. Dieser Festtag ist nicht bloß ein Datum im Kalender, sondern ein kollektives Lebensgefühl – eine Mischung aus Geschichte, Religion, Tradition und natürlicher Leichtigkeit.
Ursprung: Vom „Ferien-Tag des Augustus“ zum religiösen Feiertag
Der Feiertag geht auf das antike Rom zurück, genauer gesagt auf die „Feriae Augusti“, die Kaiser Augustus im Jahr 18 v. Chr. einführte. Ursprünglich handelte es sich um eine Zeit des Ausspannens nach der Ernte und harter Feldarbeit. Augustus legte die Festtage bewusst auf den Monat, der seinen Namen trägt, und verband sie mit älteren bäuerlichen Bräuchen wie den Consualia, die dem Gott Consus – Schutzpatron der Ernten und Getreidespeicher – gewidmet waren. In dieser Phase wurden Tiere geschmückt, Arbeiter von der Landarbeit befreit und es fanden festliche Umzüge statt.
Später übernahm die Kirche den Termin und legte auf den 15. August das Hochfest Mariä Himmelfahrt, das bis heute in Italien ein gesetzlicher Feiertag ist. Damit verschmolzen heidnische Traditionen mit christlicher Glaubenspraxis – ein typisches Beispiel dafür, wie sich alte Bräuche im Laufe der Zeit transformierten und im kollektiven Gedächtnis fortleben.

Mussolinis Urlaubskultur & moderne Traditionen
Im 20. Jahrhundert machte Mussolini Ferragosto zum Volksfest: Günstige „Volkszüge“ führten Arbeiter ans Meer oder in die Berge – und legten damit den Grundstein für Italiens Sommerferienkultur. Heute fährt ein Großteil der Italiener im August weg – und besonders am Ferragosto legen Städte wie Rom oder Mailand eine träumerische Ruhe aufs Parkett, während Strände und Berge wimmelnd voll sind.
So wird Ferragosto gefeiert – von Genua bis Sizilien
- Picknick & Grillfeier am Wasser oder in den Bergen
Viele feiern Ferragosto mit langen Mahlzeiten unter freiem Himmel – ob am Strand, an Seen oder in den Dolomiten. - Regionale Volksfeste, Märkte & Feuerwerke
Überall herrscht Lebensfreude: Musik, lokale Spezialitäten, Sagra-Feste und bunte Feuerwerke – ob in Dörfern oder Küstenorten. - Kulinarische Traditionen & religiöse Bräuche
In Süditalien – besonders in der Region Campania – ist der Palatella, ein traditionelles belegtes Brötchen mit Auberginen, Sardellen und Gewürzen, ein Ferragosto-Klassiker. Auf Sizilien finden sich Prozessionen auf dem Wasser, etwa mit Booten, die Madonnenfiguren tragen – begleitet von Musik, Gebeten und Festbeleuchtung.
Italien während Ferragosto: Orte und Stimmungen im Wandel
Die Städte leeren sich. Rom, zumeist überfüllt, wird ruhiger – Filmemacher wie Nanni Moretti haben dies in Caro Diario eindrucksvoll eingefangen. Wer bleibt, erlebt ein ungewöhnlich entspanntes Stadtbild – ideale Bedingungen für Sightseeing ohne den üblichen Rummel.

Foto: Oscar Nord