• – Fort Apache

    Regie: Marco Risi
    Drehbuch: Jim Carrington, Andrea Purgatori, Marco Risi
    Kamera: Marco Onorato
    Schnitt: Clelio Benevento
    Ausstattung: Sonia Peng
    Musik: Franco Piersanti
    Darsteller: Libero De Rienzo (Giancarlo Siani), Valentina Lodovini (Daniela), Michele Riondino (Rico), Massimiliano Gallo (Valentino Gionta), Ernesto Mahieux (Sasà), Salvatore Cantalupo, Gigio Morra, Gianfranco Gallo, Antonio Buonomo, Ennio Fantastichini

    Italien 2009, 106 Minuten, OmdtU

    “Fortapàsc” ist neapolitanischer Slang für “Fort Apache”, und mit diesem ironischen Westerntitel meinte man in den 80er Jahren Torre Annunziata, eine heruntergekommene Vorstadt von Neapel, die sich damals vollständig im Griff der Camorra befand. Ausgerechnet hierhin verschlägt es den jungen Journalisten Giancarlo Siani, angestellt bei der Tageszeitung “Il Mattino”, auf der Suche nach einer guten Story. Es ist die Zeit der Bandenkriege zwischen dem Gangsterboss Valentino Gionta und dem Clan der Nuvoletta, die Spannung in der Stadt ist beinahe mit Händen zu greifen. Mit seinem giftgrünen Landrover, seinem jungenhaften Aussehen und seiner altmodischen Schreibmaschine wirkt Giancarlo Siani zunächst unbedarft, aber bald kommt er Korruptionsskandalen und geheimen Verbindungen zwischen Camorra, Justiz und Industrie auf die Spur. Giancarlo will aufklären, aber es wird schnell klar, dass seine Artikel zu viel Staub aufwirbeln…
    Eine wahre Geschichte: Den Journalisten Giancarlo Siani gab es wirklich, er wurde am 23.9.1985 von Auftragskillern erschossen. Ähnlich wie Matteo Garrones Film Gomorrha zeigt Marco Risi in Fortapàsc in Form eines spannenden und brilliant inszenierten Thrillers, wie das organisierte Verbrechen weit in die italienische Politik und Gesellschaft hineinragt. Zugleich ist sein Film das bewegende Porträt eines mutigen jungen Mannes, der sein Leben riskiert, um dagegen anzukämpfen.

    Fortapàsc ist ein bewusst gewählter, kurioser Titel, der den Fort-Apache-Mythos des Westerns heraufbeschwören soll, gleichzeitig versinnbildlicht er die Belagerung einer Stadt durch die Camorra und beschreibt die dramatische Situation in Neapel zu Zeiten von Giancarlo Sianis Ermordung. Es geht also um die letzten Wochen eines jungen Mannes, der tagtäglich aus dem wohlbehüteten, besseren Viertel Vomero loszog, um sich im Morast der Verstrickungen zwischen Politik, Korruption und Camorra die Hände schmutzig zu machen. Bis auf wenige Ausnahmen ist Italien mittlerweile zu einem Land des “Beamten-Journalismus” geworden, und für die wahrhaftigen Journalisten, die ihren Beruf aufrichtig lieben, wurde Giancarlo Siani zu einer Symbolfigur.
    Marco Risi

    Wie schon bei Gomorrha so scheint es auch hier, als sei der Polizei- und Gangsterfilm der 70er Jahre zurückgekehrt, wenn auch mit einem neuen Gemeinsinn, illusionslos und kämpferisch zugleich. Solange es Filme wie Fortapàsc gibt, ist Italien kein totes Land.
    Alberto Crespi, L’Unità

    Eine fulminante Regieleistung von Marco Risi. Es fehlt nicht an spektakulären Szenen, aber anders als in Gomorrha beeindrucken in Fortapàsc vor allem die Szenen, in denen die Mafia sich indirekt spiegelt in der angespannten, aber entschlossenen Haltung des jungen Journalisten. Ein Stockhieb aus dem Nichts in einer verlassenen Bar, Stimmen aus dem Dunkeln, Telefonanrufe, bei denen sich niemand meldet. Der wahre Schrecken kommt nicht aus Pistolen und Gewehren, so scheint Risi zu suggerieren, sondern aus dem permanenten Gefühl, dass die Wahrheit, je näher man ihr kommt, nur umso undurchdringlicher erscheint, wie ein Phantom.
    Diego Altobelli, Tempi moderni

    Marco Risi wurde 1951 in Mailand geboren; er ist der Sohn von Dino Risi, einem großen Meister des italienischen Kinos. Er arbeitete als Regieassistent für Duccio Tessari, Alberto Sordi und Enrico Vanzina, bevor er 1981 mit Vado a vivere da solo debütierte.
    Spielfilme: Vado a vivere da solo (1983), Un ragazzo e una ragazza (1984), Colpo di fulmine (Vom Blitz getroffen) (1986), Soldati – 365 all’alba (1988), Mery per sempre (Marco Terzi gibt nicht auf) (1989), Ragazzi fuori (Überleben in Palermo) (1991), Il muro di gomma (1992), Nel continente nero (1993), Il branco (1995), L’ultimo capodanno (Die entfesselte Sylvesternacht) (1999), Tre mogli (2002), Maradona – La mano de Dios (2007), L’ultimo padrino (2008), Fortapàsc (2009)

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